„Die bäuerliche Interessenvertretung hat eine klare Haltung, was die Weiterentwicklung der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) betrifft. Wir brauchen eine gleichbleibende GAP-Finanzierung, das gilt auch hinsichtlich der Gewährleistung der nationalen Kofinanzierung. Im Grünlandbereich soll der Fokus auf der verstärkten Unterstützung von benachteiligten Gebieten und dem Berggebiet liegen. Programme müssen sich dabei immer am Familienbetrieb orientieren. Im Sinne der Planungssicherheit, etwa bei Investitionen, ist auch die Sicherstellung der finanziellen Stabilität wichtig. Generell soll die Agrarpolitik 2020+ einfacher, noch treffsicherer und nachhaltiger werden.“ Dies stellte heute Bauernbund-Präsident Georg Strasser beim Fachtag Grünland- und Viehwirtschaft im Rahmen der Wintertagung des Ökosozialen Forums in Aigen im Ennstal fest.
„Unsere Zukunft liegt in einer starken Europäischen Union mit einer schlanken Verwaltung, welche die Maxime der Subsidiarität vertritt. Politische Entscheidungen sollen dort getroffen werden, wo sie am besten aufgehoben sind. Gerade die Land- und Forstwirtschaft ist mit der Gemeinsamen Agrarpolitik so stark mit der EU verbunden wie kein anderer Wirtschaftszweig“, betonte Strasser.
Bürokratie verringern – Wettbewerbsfähigkeit stärken
„Im neuen Regierungsprogramm 2017 bis 2022 konnten gemeinsam mit Bundesministerin Elisabeth Köstinger umfassende Maßnahmen zugunsten der bäuerlichen und ländlichen Bevölkerung festgelegt werden“, unterstrich der Präsident. Geplant seien vor allem die Entlastung der Betriebe in den Bereichen Bürokratie und Kosten sowie die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit. Als Beispiele nannte er Vereinfachungen im Verwaltungsbereich, die Absenkung der AMA-Gütesiegel-Lizenzgebühren für kleine bäuerliche Betriebe, praxistaugliche Hygienevorschriften und einfachere Regelungen für die Online-Vermarktung von bäuerlichen Produkten.
Märkte aktiv gestalten
Strasser ging in seinem Vortrag auch auf die Entwicklung der nationalen und internationalen Märkte ein. Er sprach sich dabei für eine offensive, proaktive Vorgehensweise aus: Gemäß der Prämisse „Märkte sind beeinflussbar“ stelle sich der Bauernbund mit dem Willen zu gestalten den volatilen Märkten entgegen, betonte er. „Wir wollen die Position der Landwirte im Wettbewerbsrecht stärken und daraus ein Mehr an Kooperationen ermöglichen. Dazu gehören entsprechende rechtliche Rahmenbedingungen für Branchenverbände und Erzeugerorganisationen. Weiters gilt es, Formen der Kooperation kleiner Betriebe, wie etwa Genossenschaften und Verbände, zu stärken. Unser erklärtes Ziel ist es, den Anteil der Landwirtschaft an der Wertschöpfung in der Lebensmittelkette zu verbessern“, sagte Strasser.
Dazu solle auch der Ausbau einer klaren und durchgängigen Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln beitragen, dies berge ein enormes Potenzial, gerade im Bereich des Außerhaus-Verzehrs. Die Ausweitung des Bestbieter-Prinzips im Vergaberecht soll mit Leben erfüllt werden und dazu beitragen, die regionale Wertschöpfung zu erhöhen. Als weitere Beispiele nannte der Präsident eine forcierte Markenentwicklung und die Weiterführung von Exportinitiativen für Agrarprodukte. Das AMA-Gütesiegel sei als bewährtes Marktinstrument weiterzuentwickeln. Die Landwirte selbst seien verstärkt gefordert, ihr Angebot laufend auf die Nachfrage am Markt abzustimmen. So seien Produktionsmengen, etwa bei Milch, durchaus steuerbar.
Faire Partnerschaft mit dem Handel notwendig
Der Lebensmittelhandel sei für die Landwirtschaft ein wichtiger Partner und müsse im Hinblick auf faire Spielregeln in die Pflicht genommen werden. Das gelinge auch durch die Bindung mit den Verbrauchern. Strasser regte in diesem Zusammenhang an, die Konsumenten verstärkt über die bäuerliche Wirtschaftsweise zu informieren, dies sollte bereits bei den Schulkindern erfolgen – entsprechende Initiativen gebe es bereits.
Digitalisierung bietet Chancen
„Das land- und forstwirtschaftliche Aus- und Weiterbildungsangebot muss den steigenden Herausforderungen Rechnung tragen und in den Bereichen Betriebswirtschaft und Marketing, Verarbeitung sowie Vermarktung zur Stärkung des bäuerlichen Unternehmertums weiterentwickelt werden“, erklärte Strasser. Die fortschreitende Digitalisierung biete die Chance, Vorreiter bei innovativen Konzepten in der Land- und Forstwirtschaft zu werden. Pilotprojekte in den Bereichen Smart Farming und Bauernhof 4.0 sollten daher gezielt gefördert und für bäuerliche Betriebe neue Umsatzmöglichkeiten, wie etwa die Direktvermarktung im Online-Bereich, erschlossen werden. Daher müsse auch in den digitalen Breitband-Internet-Ausbau investiert werden.
Landwirte haben großes Interesse an Tierwohl
Strasser ging abschließend auf die stetig zunehmenden Erwartungen der Gesellschaft an die Landwirtschaft ein. In vielen Bereichen – etwa beim Naturschutz – stünden diese im Widerspruch zu den Eigentums- und Nutzungsrechten. Zum Thema Tierschutz stellte der Präsident klar, dass die Landwirte großes Interesse am Wohl ihrer Nutztiere haben. „Gesunde Tiere sind uns ein großes Anliegen, sie bringen auch dementsprechende Leistungen. Tierschutz muss allerdings auf praxistauglichen Regelungen basieren“, unterstrich er. Qualität rechne sich aus betriebswirtschaftlicher Sicht insofern, da höhere Preise erzielt werden könnten, sie stelle daher einen wesentlichen Erfolgsfaktor für die Zukunft der österreichischen Produktion dar. Der Bauernbund sehe sich hier auch als Vertreter der Konsumenten, „denen gesunde, nachhaltig produzierte Lebensmittel aus heimischer, regionaler Produktion auch zustehen“. Umgekehrt sollte die Gesellschaft ein großes Interesse am Erhalt der bäuerlichen Familienbetriebe haben.