Auf Einladung von Landesrat Johann Seitinger diskutierten Fachexperten gestern im Grazer Kunsthaus über die Zukunft des Wohnens. Klimaschutz und die Schaffung von leistbarem Eigentum standen zudem besonders im Mittelpunkt.
Auf den ersten Blick mag man beinahe keine unmittelbare Verbindung zwischen den beiden Themen leistbares Wohnen und Klimaschutz entdecken. Doch gerade, wenn es um die Wohnbauförderung geht, finden sich zahlreiche Überschneidungen. Der Gebäudesektor – so Seitinger – leiste einen ganz wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz: „Etwa ein Drittel der bisherigen Fortschritte im Klimaschutz stammen aus diesem Bereich. Strenge Dämmstandards und Heizen mit erneuerbaren Energieträgern schützen nicht nur unser Klima, sondern verringern auch die Betriebskosten und schonen damit das Geldbörsl der Bewohnerinnen und Bewohner“, unterstreicht Landesrat Johann Seitinger.
Seitinger: „Leistbarkeit und Klimaschutz im Wohnbau als oberste Ziele“
Neben dem wichtigen Aspekt des Klimaschutzes stand in den Ausführungen von Landesrat Johann Seitinger vor allem die Leistbarkeit des Wohnens im Mittelpunkt. Im heurigen Jahr wurden Fördermittel für 1.400 Neubauwohnungen, 500 Eigenheime sowie die Sanierung tausender bestehender Wohnungen in der Steiermark bereitgestellt. Förderbedingung ist die Einhaltung höchster Klimaschutzstandards sowie strenger gesetzlicher Mietzinsobergrenzen.
Seitinger nennt drei zentrale Punkte, die in einer zukünftigen Wohnbaureform enthalten sein müssen:
- Aufstockung des Geschoßbau-Förderkontingents von derzeit 1.400 auf 2.000 Wohnungen pro Jahr (mit Hauptaugenmerk auf Eigentumswohnungen)
- Wiederbelebung der Ortskerne
- Reduktion des Bodenverbrauchs durch Sanierung und Nachverdichtung
- Notwendigkeit der Schaffung eines bürgerfreundlichen One-Stop-Shops, der die bestehenden Förderangebote von Bund, Land und Gemeinden überschaubar zusammenführt
- Weiterhin verstärkte Verwendung von steirischem Holz als nachhaltigen Baustoff im Wohnbau
„Die Wohnbauförderung hat aber nicht nur einen wichtigen sozialen Charakter, sondern sie sichert auch mehr als 12.000 Arbeitsplätze und liefert einen großen Beitrag zum Klimaschutz“, betont Landesrat Johann Seitinger.
Klimaschonend Wohnen
Professor DI Dr. Alexander Passer von der TU Graz führte eindrucksvoll vor Augen, welche notwendigen Strategien zum Klimaschutz (Mitigation) erforderlich sind und welche Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel (Adaptation) uns vor allem in dicht bebauten bzw. nachverdichteten urbanen Räumen erwartet. Diese Räume durchleben eine rasante Wachstumsphase und letztlich drohe die Entstehung von Hitzeinseln: „Es ist unumgänglich, Gebäude, Freiflächen und ganze Viertel vorausschauend zu planen, die klimatischen Veränderungen mit zu denken und die richtigen Weichen zu stellen“, so Professor Passer. Dann wären unsere Städte einerseits für den Klimawandel besser vorbereitet und könnten andererseits einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz beitragen.
Klimaeffiziente Flächennutzung mittels Dachverdichtung im Altstadtbereich
Ein konkretes Rezept für klimaschonendes Bauen in urbanen Räumen hatte Dr. Andreas Ringhofer vom Holzbauinstitut der TU Graz im Gepäck: „Unser Ansatz zur Nachverdichtung ist die Dachverdichtung“. Dr. Ringhofer setzt auf das große Potential der Grazer Gründerzeitdächer, die mit vorgefertigten Holzmodulen effizient, ökologisch und mit Respekt für die historische Substanz bebaut werden könnten: „Holz ist hier der optimale Baustoff und die Nutzung bestehender Dachflächen verhindert gleichzeitig die klimaschädigende Verbauung wertvoller Grünlandreserven“, so Dr. Ringhofer weiter. Sein Konzept, das am Beispiel der Landeshauptstadt Graz beforscht wurde, sei jedenfalls auch für andere steirische Städte nutzbar.
Leistbares Eigentum
Um die großen Herausforderungen zu meistern, die der Klimaschutz dem Wohnbau abverlangt, und gleichzeitig leistbare Mieten und die Chance auf die Schaffung „leistbaren“ Eigentums zu schaffen, bedarf es neben der Wohnbauförderung vor allem starker Partner in der Finanzwirtschaft. Der Vorstandsvorsitzende der Steiermärkischen Sparkasse, Dr. Gerhard Fabisch sieht ein Ansteigen der Wohnkosten und Immobilienpreise sowie einen deutlich steigenden Wunsch nach Wohnen im Eigentum; so wünschten sich 73 Prozent der Steirerinnen und Steirer Wohnen im Eigentum. Die Ursachen für Verteuerungen beim Wohnen sind für Fabisch teure Baugründe, immer umfangreicher werdende technische Ausstattungen, das Bevölkerungswachstum und die im Vergleich mit den Wohnkosten zu mäßig steigende Einkommen. „Eine Forcierung des Bauens im geförderten Segment und zusätzliche Unterstützungen der Steirerinnen und Steirer bei der Eigentumsschaffung wäre wünschenswert“, so Fabisch.
Seitinger betonte abschließend, dass das Thema Wohnen von der Politik prioritär behandelt werden müsse: „Nach wie vor halte ich viel vom Konzept der Gemeinnützigkeit, um unseren Bürgerinnen und Bürgern qualitätsvolles und klimaschonendes Wohnen zu leistbaren Konditionen – verstärkt auch im Eigentum – zu ermöglichen.“
Foto: Katarina Pashkovskaya