Der Herdenschutzhund wird, wie bis vor kurzem auch der wolfssichere Zaun, als Allheilmittel präsentiert, welches flächendeckenden Schutz von Nutztieren gegen Wolfsangriffe gewährt. Doch wie auch beim Zaun zeigt sich bei genauerer Betrachtung, dass man davon weit entfernt ist.
“Für manche Almen kann der Herdenschutzhund sicher eine gute Ergänzung sein. Doch, dass man alleine mit solchen Hunden die Sicherheit unserer Tiere flächendeckend gewährleisten kann, wie es sich einige sogenannte Expertinnen und Experten vorstellen, ist eine klare Fehleinschätzung. Trotz hoher Kosten garantiert auch ein Herdenschutzhund keine Sicherheit der Weidetiere und stellt zusätzlich eine Bedrohung für seine Umgebung dar,” umreißt Nationalratsabgeordneter und Almbauer Andreas Kühberger einige Schwachstellen des Konzeptes Herdenschutzhund.
Die Almwirtschaft ist sehr harte Arbeit und nur mit einer großen Portion Idealismus der Bäuerinnen und Bauern bewältigbar. Die hohen Kosten, die ein oder mehrere Herdenschutzhunde mit sich bringen würden, sind für viele, vor allem kleinere Betriebe einfach nicht tragbar. Hinzu kommt, dass auch Herdenschutzhunde keine hundertprozentige Sicherheit der Herden vor dem Wolf garantieren können, gerade wenn ein Rudel angreift. Vor allem aus Osteuropa gibt es häufig Meldungen, wonach Wölfe zuerst die Herdenschutzhunde getötet und danach die Herden angegriffen haben.
Der, in unserer dicht besiedelten und touristisch stark genutzten Alpenregion, wohl wichtigste Punkt ist aber die Gefahr, die von den Herdenschutzhunden für andere Nutzer unserer Berge ausgeht.
“Herdenschutzhunde wachsen mit den Schafen auf. Sie lernen von klein auf, dass sie “ihre” Herde um jeden Preis verteidigen müssen. Kommt der Wolf dann ist das auch gut. Kommen aber Radfahrer und Wanderer mit Kindern oder Hunden, kann es schnell gefährlich werden,” stellt Kühberger, der selbst Hundehalter ist, klar.
Wenn es zu einem derartigen Angriff kommt, stellt sich auch die Frage der Haftung. Wie das berühmte “Kuhurteil” gezeigt hat, kann der Bauer verantwortlich gemacht werden, wenn seine Tiere Wanderer oder Radfahrer verletzen.
“Es kann nicht sein, dass der Bauer praktisch gezwungen ist, einen Herdenschutzhund mit auf die Alm zu schicken und dann auch noch zur Kasse gebeten wird, wenn dieser jemanden verletzen sollte. Nicht umsonst sind die Herkunftsgebiete klassischer Herdenschutzhunderassen weite, menschenleere Regionen wie der Kaukasus oder die Pyrenäen,” weist Kühberger abschließend auf ein weiteres Problem hin.
Foto: Arthur