Anlässlich der Woche der Landwirtschaft (7. bis 14. Mai) fordert Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Titschenbacher nachdrücklich von Netzbetreibern und Politik: „Das Stromnetz in der Steiermark rasch ausbauen und vor allem auch in die Höhe gehen – ein riesiges Sonnenstrom-Potenzial schlummert mit mehr als 96.000 Hektar in den Berggebieten. Nur ein paar Prozent davon reichen für den Photovoltaikausbau in der Steiermark. Und weitere 500 Hektar an Dachflächen könnte die Landwirtschaft sofort beisteuern.“
Bauernhöfe sind die regionalen Energiezentralen der Zukunft. „Viele Land- und Forstwirte steuern konsequent und erfolgreich ihre Bauernhöfe in Richtung Energieautarkie. Schon jetzt spielen sie als Energiemacher und Energiedienstleister eine gewichtige Rolle bei der Energiewende. In Zukunft werden Bauernhöfe aber mehr denn je regionale, erneuerbare Energiezentralen sein“, skizziert Kammerpräsident Franz Titschenbacher den eingeschlagenen, innovativen und klimafreundlichen Kurs. Die großen Stärken werden dabei neben Herstellung und eigener Verwendung auch das Anbieten von grünem Strom in Dörfern und Ortschaften sein. Vorbild dafür sind die bäuerlichen Biomasse-Nahwärme-Anlagen, die aktuell bereits mehr als 120.000 steirische Haushalte mit C02-neutaler Wärme aus Nebenprodukten der nachhaltigen Forstwirtschaft versorgen – etwa wie Hackgut.
Forderung: Stromnetz offensiv ausbauen und im doppelten Sinne in die Höhe gehen. Zur Erreichung der verbindlich festgelegten Energie- und Klimaziele muss sich Österreich bis 2030 bilanziell mit grünem Strom selber versorgen können. Als unabdingbare Säule dafür hat die Steiermark bis dahin unter anderem die mehr als 4-fache Menge an Photovoltaik-Strom herzustellen, um endgültig auf Importe von Atom- oder Kohlestrom verzichten zu können. „Bei Sonnenstrom kann vor allem die steirische Landwirtschaft einen maßgeblichen Beitrag leisten“, unterstreicht Titschenbacher und untermauert: „Nicht fruchtbare Ackerböden, die ja für die Lebensmittelherstellung absolute Priorität haben, sondern Sonnenstrom von Dächern, aus der landwirtschaftlichen Doppelnutzung mit Hühnern oder Schafen und von wenig produktiven Flächen auch auf steileren Hängen im Berggebiet sind ideale Sonnenstrom-Lieferanten.“ Zur optimalen Erschließung dieser großen Sonnenstrom-Potenziale verlangt Titschenbacher von allen Netzbetreibern, insbesondere der Energienetze Steiermark GmbH, eine rasche und konsequente Netzausbauoffensive sowie faire Netzzugangskosten: „Viele landwirtschaftliche Betriebe wollen Sonnenstrom auf Dächern, in landwirtschaftlicher Doppelnutzung oder auf Hängen im Berggebiet erzeugen, scheitern aber an der unzureichenden Netzinfrastruktur.“ Allein im steirischen Berggebiet schlummert ein Flächenpotenzial von mehr als 96.000 Hektar für Photovoltaik-Anlagen (Hangneigung mehr als 18 Prozent) mit dem Vorteil, dass sogar um 20 bis 25 Prozent mehr Sonnenstrom produziert wird als in Tälern. Nur ein paar Prozent davon reichen für den Photovoltaikausbau in der Steiermark. Weitere 500 Hektar an Dachflächen kann die Landwirtschaft sofort für die Sonnenstromerzeugung beisteuern.
Sonnenstrom von der Brotbackstube über die Milchviehhaltung bis zur Essigmanufaktur. Viele steirische Bauernhöfe sind jetzt schon Schrittmacher in der Energiewende. Sie wollen mittelfristig energieunabhängig werden und kehren fossiler Energie den Rücken. Bei der Woche der Landwirtschaft stellt die Landwirtschaftskammer vom 7. bis 14. Mai eine Vielfalt an Frontrunner-Betrieben vor: Knuspriges Bauernbrot mit Sonnenstrom gebacken; energieeffizient hergestellter Essig – diese auf Bauernhöfen hergestellten Spezialitäten rollen mit Elektroautos zu den Kunden; auch Melken (mit Melkrobotern), Kühlen, Füttern und Reinigen mit Photovoltaik-Sonnenstrom ist längst keine Seltenheit mehr; ebenso C02-neutraler Bio-Wein sowie Hühner- und Schafweiden mit Photovoltaik-Paneelen zur Stromerzeugung. Nicht wenige land- und forstwirtschaftliche Betriebe sind zudem in den Startlöchern, um Ortskerne als regionale Energiedienstleister mit grünem Strom vom Dach zu versorgen.
Pein: Hühnerweiden und Photovoltaik-Paneelen – Geflügelbranche kann sich selbst mit Strom versorgen. „Boden ist nicht vermehrbar. Eine sichere Versorgung mit leistbaren, hochwertigen Lebensmitteln hat einen hohen Wert und kann mittelfristig nur dann sichergestellt werden, wenn fruchtbare Böden der Lebensmittelproduktion vorbehalten bleiben“, sagt Vizepräsidentin Maria Pein. Ein sehr innovativer Weg ist beispielsweise die Doppelnutzung von Geflügelweiden auch für die Sonnenstromherstellung. „Wir können damit einen wichtigen Beitrag zur sicheren Strom- und Lebensmittelversorgung leisten“, sagt Pein. Und weiter: „Mit der Sonnenstromerzeugung auf nur 15 Prozent der Hühnerweiden (Stmk: 1.227 Hektar; Ö: 3.597 Hektar) kann die Branche ihren gesamten benötigten Strom selbst erzeugen.“ Würden alle Hühnerweiden mit Photovoltaik-Paneelen überdacht werden, dann könnte bilanziell der gesamte Energiebedarf der heimischen Landwirtschaft erzeugt werden.
Brugner: Bauern haben höchstes Interesse, Energieversorgung selbst in die Hand zu nehmen. Unsere motivierten und fachlich äußerst versierten Beraterinnen und Berater begleiten die heimischen Bäuerinnen und Bauern auf ihrem Weg in die Energieunabhängigkeit. Die Preisexplosionen auf den internationalen Energiemärkten haben dazu geführt, dass immer mehr Betriebe ihre Energieversorgung selber in die Hand nehmen. „Bereits vor Jahren hat die Landwirtschaftskammer die Beratungsschwerpunkte Energieeffizienz und Erneuerbare Energieträger gelegt. Diese Weitsicht macht sich jetzt bezahlt. Nie zuvor gab es ein so großes Interesse an Fachberatungen im Themenfeld Energie. Die Landwirtschaftskammer Steiermark entwickelt gemeinsam mit Forschung und Praxis innovative, klimafreundliche Energielösungen für die heimischen Betriebe“, betont Kammerdirektor Werner Brugner. Und weiter: „Mit unseren Forschungsprojekten sind wir Taktgeber beispielsweise bei der optimalen Speicherung und Nutzung von Sonnenstrom auf landwirtschaftlichen Betrieben“.
Energieexperte Christian Metschina: Erneuerbare Energie aus der Land- und Forstwirtschaft für Energiewende unverzichtbar. Die Woche der Landwirtschaft macht auch die großen Leistungen der Land- und Forstwirtschaft für die Energiewende sichtbar. Dazu Energieexperte Christian Metschina: „Bereits jetzt ist die Land- und Forstwirtschaft in der Steiermark das Rückgrat der erneuerbaren Energieversorgung. Sie liefert zehnmal mehr erneuerbare Energie ins Energiesystem ein als sie selber benötigt“. Die Zahlen können sich sehen lassen: 620 Heizwerke versorgen über 120.000 Steirerinnen und Steirer mit C02-neutraler Wärme. Darüber hinaus sichern die heimischen Waldbesitzer die Rohstoffversorgung von 130.000 Biomassekleinfeuerungen. 37 Biogasanlagen produzieren Ökostrom und Wärme für 30.000 Haushalte. Hinzu kommen Anwendungen in den Bereichen Holzgas, Solarthermie, Photovoltaik, Agrar-Photovoltaik und Wasserkraft. Metschina: „Ohne Energieträger aus der Land- und Forstwirtschaft würde der Erneuerbaren-Anteil im heimischen Energiesystem nicht bei beachtlichen 31 Prozent, sondern bei nicht einmal 16 Prozent liegen. Die Erreichung der nationalen und europäischen Energie und Klimaziele ist ohne den Beitrag einer aktiv produzierenden Land- und Forstwirtschaft illusorisch“.
Franz-Josef Wallner und Andrea Ertl: Moderne Milchviehhaltung mit Sonnenstrom. Bereits zu 60 Prozent decken Franz-Josef Wallner und Andrea Ertl ihren Strombedarf für ihren Milchviehstall mit Sonnenstrom vom Dach. „Künftig sollen es 100 Prozent werden und auch für die Versorgung weiterer Haushalte mit grünem Strom ist das Dachflächen-Potenzial vorhanden. Das sind sinnvolle Investitionen“, sagt Franz-Josef Wallner. Konkret werden der Melkroboter, der elektrische Futterschieber, die automatische Kälbertränke aber auch der Mistroboter mit Sonnenstrom vom Dach betrieben.
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