Der russische Angriff auf die Ukraine und Corona entblößen schonungslos die globalen Abhängigkeiten. Während Ungarn seine Getreideexporte massiv beschränkt, wird in Deutschland und anderen Ländern schon vor einer Futter- und Düngemittelknappheit gewarnt. „Wir müssen aus diesen Verwerfungen die Lehren ziehen. Wir dürfen uns nicht länger auf globale Lieferketten und –Verträge verlassen. Am Beispiel Ungarn zeigt sich, dass nicht einmal der EU-Binnenmarkt richtig funktioniert “, mahnt der steirische Agrarlandesrat Hans Seitinger einen verstärkten Fokus auf die Versorgungssicherheit zu legen. Gemeinsam mit den anderen Bundesländern wurde im Zuge der Landesagrarreferentenkonferenz in Wien auch ein Beschluss für die Stärkung der regionalen Versorgungssicherheit sowohl mit Lebensmitteln als auch mit Energie gefällt.
Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln
Russland und die Ukraine zählen zu den wichtigsten Getreideanbaugebieten der Welt und es ist damit zu rechnen, dass die Exportmengen für mehrere Jahre einbrechen werden. Vor diesem Hintergrund fordern die Agrarreferenten ein Überdenken der EU-Agrarpolitik, die u.a. das Stilllegen von Flächen vorsieht. „Es ist unverantwortlich in Krisenzeiten landwirtschaftliche Flächen in der EU stillzulegen. Das führt zu einer noch stärkeren Abhängigkeit von Importen“, so Seitinger. Allein in Österreich könnten über 7.000 Hektar landwirtschaftliche Fläche zusätzlich für die Versorgungssicherheit genutzt werden. Was es brauche sei eine verstärkte Unabhängigkeit für die europäische Landwirtschaft. Insbesondere zu berücksichtigen sei auch die Resilienz im Betriebsmittel- und Düngerbereich.
Versorgungssicherheit mit Energie
Einen weiteren Schwerpunkt setzen die Agrarlandesräte auf den Ausbau der erneuerbaren Energie. Dazu fordern die Bundesländer mehr Tempo bei der Energiewende, neue Förderinitiativen, eine Beschleunigung bei UVP-Verfahren, sowie das Vorantreiben des notwendigen Leitungsausbaus im ländlichen Raum. „Einen Kernpunkt der Forderungen macht eine Förderungsinitiative für Biomasse aus“, wie Seitinger erläutert: „Biomasse kann einen wesentlichen Beitrag für die Energiewende leisten und auch die Abhängigkeit von Gaslieferungen reduzieren. Allein in der Steiermark wird nur die Hälfte vom jährlichen Holzzuwachs genutzt. In unseren Wäldern schlummert ein enormes Potential.“ Darüber hinaus sollen bei der strategischen Energiebevorratung auch erneuerbare Energieträger wie Hackgut, Pellets und Biogas berücksichtigt werden.
Informationen zur Holzenergie in der Steiermark
(Quelle: Biomasseverband)
Biomasse ist mit einem Anteil von beinahe zwei Dritteln der wichtigste erneuerbare Energieträger in der Steiermark. Zu 86 % handelt es sich dabei um Energie aus Holz, die in der waldreichen Steiermark in großen Mengen als Nebenprodukt der Forst- und Holzwirtschaft anfällt. Die wichtigsten Energieholz-Sortimente stellen Sägenebenprodukte, Rinde, Hackgut, Ablaugen der Papierindustrie und Brennholz dar. Im Jahr 2020 wurden 18 % des gesamten steirischen Energieverbrauchs mit Holzbrennstoffen gedeckt. Fast die Hälfte der Fernwärme in der Steiermark wird aus Holzresten produziert, damit wird bereits 10 % des Raumwärmeverbrauchs der steirischen Haushalte bedient. Abseits des Fernwärmenetzes ist Holz mit Abstand der wichtigste Energieträger zum Beheizen der Haushalte: 40 % der steirischen Raumwärme werden durch eine Holzzentralheizung (Brennholz, Hackgut, Pellets) erzeugt. Bei etwa 120.000 Haushalten in der Grünen Mark stellt eine Holzheizung das Hauptheizsystem.