Künftig auch Möglichkeiten zur Erlegung
Nach einer vierwöchigen Begutachtungsphase und der Sichtung bzw. Einarbeitung von rund 40 eingelangten Stellungnahmen liegt die steirische „Wolfs-Verordnung“ jetzt vor. Sie wird diesen Donnerstag (30.11.2023) zur Auflage in die Regierungssitzung eingebracht und soll dort eine Woche später (07. 12.2023) beschlossen werden.
Die Verordnung regelt, unter welchen Umständen Wölfe verscheucht, vergrämt oder erlegt werden dürfen:
Wann darf ein Wolf erlegt werden?
Risikowolf:
- Wolf dringt in bewohnte Gebäude bzw. an ein Gehöft angeschlossene Stallungen ein (ohne Menschenkontakt)
- Wolf mit auffälligem bzw. kritischem Verhalten zeigt keinen Lerneffekt auf mehrfache Vergrämungsmaßnahmen
- Wolf verfolgt Mensch oder Mensch mit Hund in Leinendistanz, verhält sich nicht aggressiv
- Wolf verhält sich gegenüber dem Menschen ohne ersichtlichen Grund aggressiv
- Wolf nähert sich Mensch mit Hund in Leinendistanz und verhält sich aggressiv
Schadwolf:
- Wolf überwindet innerhalb von vier Wochen mehrmalig sachgerechten Herdenschutz und verletzt und/oder tötet nachweislich ein oder mehrere Nutztiere
Ob die Voraussetzungen erfüllt werden, wird im Zuge einer Prüfung festgestellt, an der Amtssachverständige für Naturschutz und für Wildökologie beteiligt sind. Bei einem entsprechenden Ergebnis ist das Erlegen eines Wolfes zulässig:
- innerhalb von vier Wochen nach dem letzten Vorfall,
- in einem Radius von zehn Kilometern um den letzten Vorfall,
- wenn der Wolf individuell identifizierbar ist oder das gefährliche Verhalten zwar keinem bestimmten Wolf zugeordnet werden kann, aber aufgrund des räumlichen und zeitlichen Zusammenhanges der Sichtungs- bzw. Aufenthaltsorte davon auszugehen ist, dass es sich um diesen Wolf handelt und es keine Hinweise auf einen anderen Wolf gibt.
Herdenschutzmaßnahmen
Je nach Art der Weiden (z.B.: Hut- und Dauerweiden, Mähweiden, Almweiden) kommen unterschiedliche zielführende und machbare Herdenschutzmaßnahmen zur Minimierung des Risikos von Wolfsangriffen in Frage, wie zum Beispiel Schutzzäune, Behirtung oder alternatives Herdenmanagement. Die Sinnhaftigkeit bzw. Machbarkeit der Zäunung aufgrund topographischer Gegebenheiten wird bei Bedarf im Zuge einer Beratung bzw. Überprüfung durch Sachverständige beurteilt.
Zusätzlich zu dieser Beratung gibt es noch weitere Unterstützungsangebote für betroffene Landwirtinnen und Landwirte:
- Bei der Errichtung von Zäunen kann im Anlassfall ein Notfallteam vom Österreichzentrum Bär, Wolf, Luchs eingesetzt werden
- Das Agrarressort des Landes hat eine Ankaufsförderung für Herdenschutzmaßnahmen initiiert.
- Darüber hinaus hat das Land Steiermark eine Versicherung abgeschlossen, die betroffene Tierhalter:innen für die Schäden durch Wolfsrisse entschädigt. Abhängig von der jeweiligen Tierart wurden gemeinsam mit Vertreter:innen von Tierzuchtverbänden und der Landwirtschaftskammer festgelegte Entschädigungssummen vereinbart. Diese werden regelmäßig angepasst.
Vorfälle werden dokumentiert
Begleitet werden die neuen Regelungen von einer umfangreichen Dokumentation. So sind sämtliche Vorfälle in Zusammenhang mit Wölfen – angefangen von der Sichtung bis hin zur Erlegung – unverzüglich zu melden und tote Wölfe zur Beweissicherung und Untersuchung an eine von der Landesregierung beauftragte Einrichtung zu übergeben.
Simone Schmiedtbauer, Agrarlandesrätin, dazu: „Die Nutztiere auf unseren steirischen Almen und Weiden und unsere bäuerlichen Familienbetriebe verdienen den besten Schutz vor Raubtieren. Mit der neuen Verordnung schaffen wir endlich Maßnahmen, um – wenn nötig auch durch Entnahmen – gezielt gegen Problemwölfe vorzugehen. Ein guter Kompromiss im Sinne unserer Bäuerinnen und Bauern, durch den wir ab der nächsten Weidesaison eine bessere Handhabe gegen Problemwölfe gewährleisten. Letztlich ist aber auch eine Überprüfung des strengen Schutzstatus von Wölfen in Brüssel unausweichlich.“
Ursula Lackner, Naturschutzlandesrätin, betont: „Mit der nun vorliegenden Verordnung gelingt es, Wölfen mit unnatürlichem Verhalten Grenzen zu setzen: durch Herdenschutzmaßnahmen, Vergrämung bis hin zum Erlegen. Denn die Rückkehr des Wolfes in die Steiermark ist eine Herausforderung: Es gilt, die Bedürfnisse der Nutztierhaltung einerseits und den EU-weiten Schutzstatus des Wolfes andererseits zu berücksichtigen. Diese Aufgabe haben Expertinnen und Experten aus der Landwirtschaft, der Jägerschaft, des Naturschutzes und des Landes gelöst. Wesentliches Ziel der Verordnung ist es, die natürliche Scheu des Wolfes vor dem Menschen zu erhalten und gleichzeitig zu verhindern, dass es zu Übergriffen auf Nutztiere kommt.“
Risszahlen in der Steiermark:
- 2019: 5 Tiere
- 2020: 24 Tiere
- 2021: 10 Tiere
- 2022: 2 Tiere
- 2023: 34 Tiere (Stand 3. November)