Das Jahr 2020 ist agrarpolitisch entscheidend dafür, wie sich die steirische Land- und Forstwirtschaft mittel- und langfristig entwickeln wird. Neben den großen globalen Herausforderungen, wie Klimawandel oder Neugestaltung der EU-Agrarpolitik ab 2021, sind auch auf nationaler Ebene bedeutsame Weichen zur zukunftsfitten Weiterentwicklung der bäuerlichen Familienbetriebe in unserem Land zu stellen.
Für eine nachhaltige Agrarpolitik in diesem Sinne gibt es kein „Allheilmittel“ – vielmehr bedarf es einem vielseitigen Bündel an Maßnahmen und einem Schulterschluss von EU, Bund, Land und der bäuerlichen Interessensvertretung. Für Agrarlandesrat Johann Seitinger ist das „Bauer sein“ in einer Zeit der „Zuvielisation“ nicht einfach, zumal die Wertschätzung für die bäuerliche Arbeit und die landwirtschaftlichen Erzeugnisse nicht jenem Maße entspricht, das es verdienen würde.
Äußerst positiv stimmt Landesrat Seitinger jedoch, dass der neue EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski wie auch Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger einen besonderen Fokus auf Klein- und Mittelbetriebe legen und er davon ausgeht, dass die notwendigen Weichenstellungen daher auch in diesem Interesse erfolgen. Beide sprechen zudem vom notwendigen „Green Deal“.
Agrarlandesrat Johann Seitinger legt einen Schwerpunkt für die künftige Ausrichtung der Agrarpolitik aus steirischer Sicht auf drei zentrale Bereiche:
1.) Klares Bekenntnis zur Regionalität und Qualität
Steirische Lebensmittel werden nach höchsten Standards produziert, die in wesentlichen Bereichen weit über europaweite Vorgaben hinausgehen. Zudem ist der ökologische Fußabdruck durch kurze Transportwege und schonende naturnahe Produktion um ein Vielfaches geringer als bei zum Teil aus fernen Ländern importierten Produkten. Eine dreifache Win-Situation für die Konsumenten, die Landwirtschaft und das Klima ist somit gegeben.
Das klare Bekenntnis der Politik auf Bundes- und Landesebene, in öffentlichen Einrichtungen prioritär heimische Lebensmittel einzusetzen, ist eine zentrale Forderung der steirischen Landwirtschaft. Darüber hinaus muss es gelingen, die Regionalität auch verstärkt in der Gastronomie und privaten Großküchen zu etablieren.
2.) Klimawandel macht neue Vorsorgesysteme notwendig
Die Land- und Forstwirtschaft steht aufgrund des Klimawandels wie kein anderer Sektor vor enormen Herausforderungen. Die Zunahme von Extremwetterereignissen, wie Starkregenfälle, Trockenperioden und Spätfrostereignisse, sowie ein zunehmender Schädlingsdruck bedeuten für viele bäuerliche Betriebe in der Steiermark eine existenzielle Bedrohung.
Neue Risiko- und Versicherungssysteme sind daher ein wichtiger Hebel, um die Existenzen vieler Landwirte nachhaltig abzusichern. So wird die Produktpalette der Hagelversicherung laufend weiter ausgebaut und an die neuen Risikofelder angepasst. Besonders erfreulich ist für Seitinger die Erhöhung des Zuschusses aus öffentlichen Mitteln für die Prämien der Risikoversicherung auf 55 Prozent.
Darüber hinaus sind auch innerhalb der Land- und Forstwirtschaft neue Akzente im Sinne der Nachhaltigkeit zu setzen, wie etwa der Humusaufbau oder die Züchtung krankheitsresidenter Sorten.
3.) Erweiterung der Herkunftskennzeichnung
Die Angabe der Herkunft bei Lebensmitteln ist EU-weit zwar in einigen Bereichen bereits sehr gut geregelt, es bedarf jedoch bei Herkunftsbezeichnungen und Inhaltsangaben weiterer maßgeblicher Verbesserungen. Dieser Thematik wird derzeit auch in Bund und Land eine besondere Bedeutung beigemessen.
Agrarlandesrat Johann Seitinger dazu: „Es darf für die Konsumenten kein Rätselraten sein, woher das Produkt kommt und was es enthält. Daher braucht es eine klare und einfache Kennzeichnung.“
Zudem muss darauf gedrängt werden, dass der Handel in Österreich keine Lebensmittel mehr in seinen Vitrinen und Regalen anbieten darf, welche aus Tierschutz-, Umweltschutz- oder Pflanzenschutzgründen in Österreich nicht produziert werden dürfen (z.B. Flüssigeier aus Käfighaltung).
Abschließend ist es Seitinger ein besonderes Anliegen, mehr Aufklärung über Lebensmittel und Ernährung in den steirischen Pflichtschulen und Bildungseinrichtungen für Erwachsene anzubieten, um letztendlich auch die drastisch steigenden Gesundheitskosten aufgrund von falscher Ernährung einzudämmen.
Foto: LK