Produktion ohne Mais wird auf 2,9 Mio. t geschätzt – Wintergerste trotzt Trockenheit
Die Agrarmarkt Austria (AMA) sieht die österreichische Getreideernte 2019 ohne Mais bei rund 2,9 Mio. t. Verglichen mit dem trockenen Vorjahr entspricht das einer Steigerung um 10% und gegenüber dem Rekordergebnis 2016 ist es ein Minus von 18%, teilte heute Günter Griesmayr, Vorstandsvorsitzender der AMA, im Rahmen der Erntebilanz mit. Die prognostizierte Gesamtproduktion inklusive Mais beziffert die AMA mit 5 Mio. t und somit um 6% höher als noch vor einem Jahr. Unter diesen Voraussetzungen geht die AMA von einem leicht auf 1 Mio. t verringerten Importnettobedarf bei einem wachsenden Inlandsverbrauch aus. „Nach der Trockenheit im Herbst 2018 sowie im April 2019 haben die Niederschläge im Mai die Getreideernte gerettet. Die Ernte ging zügig ohne nennenswerte Unterbrechungen voran. Lokale Hagelunwetter sowie gebietsweiser Schädlingsbefall spielen in der aktuellen Erntebilanz nur eine untergeordnete Rolle“, so Griesmayr.
Dennoch habe es aufgrund der immer häufiger auftretenden Trockenheitsphasen, aber auch wegen preislicher Aspekte zahlreiche Verschiebungen in der Anbaufläche der Kulturen mit einigen neuen Rekorden gegeben. So ist die Fläche von Wintergeste um knapp 10% auf ein Allzeithoch von über 100.000 ha (+8.876 ha gegenüber 2018) angewachsen. Denn trotz trockener Zeiträume profitierte auch heuer die Wintergerste von der Winterfeuchtigkeit sowie der frühesten Abreife aller Getreidearten und lieferte gute Erträge. „Die Wintergerste ist die ertragstreueste Kultur geworden und die Landwirte brauchen verlässliche Erträge, um gut wirtschaften zu können“, betonte Franz Windisch, Verwaltungsratsvorsitzender der AMA. Sei früher nur ein Anteil von 10 bis 20% Winterbraugerste für die Vermälzung möglich gewesen, belaufe sich dieser laut Windisch aufgrund verbesserter „innerer Qualitäten“ der aktuellen Sorten auf mittlerweile fast 50%. Ein Flächenanstieg von mehr als 9.000 ha beziehungsweise 4,8% gegenüber 2018 wurde für Körnermais (inkl. Corn-Cob-Mix) registriert. Auch dieser Kultur – die mit heißen Temperaturen gut umgehen kann, wenn es zum richtigen Zeitpunkt regnet – kommt eine lange Vegetationsdauer zugute. „Für heuer sieht es bei Mais so aus, als ob es ein zufriedenstellendes Ergebnis werden könnte“, sagte Griesmayr.
Einen Negativrekord gab es dagegen bei Sommergerste mit einem Flächenrückgang von 10.909 ha beziehungsweise 23,4% auf einen neuen historischen Tiefstand aufgrund geringer Hektarerträge und unzureichender Braugerstenqualität in den Vorjahren. Auch für Winterweizen, der hierzulande bedeutendsten Getreidekultur, wurde mangels preislicher Attraktivität ein Flächen-Rekordtief mit -10.011 ha oder -3,9% gegenüber 2018 verzeichnet. Ähnlich ist die Situation für Hartweizen, wo sinkende Erzeugerpreise ein Flächenminus von rund 5.202 ha (-23,7% gegenüber 2018) bedingten.
Die Fläche mit Zuckerrüben ist heuer wegen des massiven Auftretens des Derbrüsslers sowie der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erneut deutlich um 3.540 ha geschrumpft. Die Sojabohnenfläche legte heuer im mehrjährigen Aufwärtstrend um 1.584 ha (+2,3%) weiter zu und ist hierzulande bereits die viertgrößte Kultur auf den Äckern. Mit rund 69.000 ha ist Österreich nach Italien, Rumänien, Frankreich und Kroatien der fünftgrößte Sojaproduzent aller 28 EU-Mitgliedstaaten, teilte Griesmayr mit. Die Erzeugung von Ölraps ist heuer auf ein Allzeittief mit einem Flächenrückgang um 4.561 ha (-11,3%) und damit dem geringsten Ausmaß seit 13 Jahren gesunken. Hier machen ein steigender Schädlingsdruck sowie niedrige Preise den Landwirten zu schaffen. Die Sonnenblumenfläche bleibt mit einem kleinen Minus (-250 ha) auf Vorjahresniveau, während die Fläche bei Öl- und Speisekürbis geringfügig ausgeweitet (+1.839 ha) wurde.
Neuer Flächenrekord im Biolandbau
Neue Rekorde gibt es im Biolandbau. Hier hat heuer die nach biologischen Richtlinien bewirtschaftete Fläche mit einem Anteil von 20% an der Gesamtackerfläche einen Höchststand erreicht. Der Zuwachs beträgt hier 29.641 ha gegenüber dem Vorjahr. Die hohen Bio-Zunahmen in den Vorjahren (+10.359 ha in 2018, +22.214 ha in 2017) wurden somit nochmals übertroffen. Verantwortlich dafür waren die letzte Möglichkeit des Umstieges in die ÖPUL-Bio-Maßnahme und das in den Vorjahren attraktive Preisniveau. Unter den Biogetreidearten konnte Weichweizen das größte Plus (+5.330 ha) verzeichnen. Wintergerste wurde – wie auf den konventionellen Flächen – ebenfalls vermehrt (+3.414 ha) ausgesät. Unter den Kulturen der Herbsternte ist die Sojabohne der Gewinner auf den Bioflächen mit einer Zunahme von 5.088 ha. Die zunehmende Nachfrage nach Bio-Speisesoja war neben der guten Eignung für die biologische Bewirtschaftung ein Grund für die Ausdehnung. Auch die Flächen für die in der Biolan dwirtschaft bedeutenden Kulturen Klee, Luzerne, etc. (Ackerfutterflächen) wurden ausgedehnt (+3.253 ha).
„Der Klimawandel ist jener Faktor, der die Landwirtschaft am meisten in Atem hält. Eine nachhaltige Antwort darauf kann nur eine gute Bodenfruchtbarkeit mit reichhaltigen Fruchtfolgen aus Kulturen der Sommer- und Herbsternte sein. Wassersparende Maßnahmen wie Begrünungen, eine gute Bodenstruktur mit hohem Humusanteil sowie bodenschonende Anbau- und Bodenbearbeitungsmethoden müssen dazu ebenso forciert werden“, betonte Windisch.
Unterschiedliche Vermarktungsaussichten
Die heimische Getreideversorgungsbilanz ist seit Jahren von einer starken Verarbeitungsindustrie und einem konstant hohen Exportanteil geprägt. Durch die Zunahme der Bioflächen gewinnt die Vermarktung von Biogetreide an Bedeutung und muss daher differenziert behandelt werden. Betrachtet man die gesamte österreichische Getreidebilanz, so erkennt man im Mühlensektor in den letzten Jahren eine Ausweitung der Weich- und Hartweizenvermahlung (Teigwaren). Der Mischfuttersektor weist konstante Verarbeitungsmengen auf, wobei im Vorjahr mehr Mais und weniger Gerste und Weizen – aufgrund der international knappen Gerstenverfügbarkeit und des geringen Futterweizenanteils – verarbeitet wurden.
Im laufenden Wirtschaftsjahr 2019/2020 werden die Exporte auf 1,5 Mio. t geschätzt, die Importe jedoch sinken nur leicht auf 2,5 Mio. t. Die Exporte erreichten in den letzten Jahren 1,2 bis 1,9 Mio. t, die Importe – je nach inländischer Erntemenge – zwischen 2,2 und 2,7 Mio. t. Vor allem die Lieferungen von hochwertigem Premium- und Qualitätsweizen nach Italien bilden die Basis für einen wertmäßig positiven Außenhandelssaldo.
„Der Markt für Biogetreide ist geprägt von einer Flächensteigerung und einer damit einhergehenden Produktionserhöhung. Die Verarbeitungsmengen von Biogetreide im Inland wurden zwar gering erweitert, hinken aber hinter den Produktionszuwächsen deutlich hinterher“, informierte Windisch. Der Bioanteil an der Gesamtgetreideproduktion beträgt 11%, an der Verarbeitung 6% und an den Lagerbeständen 20%. Die Biolager sind unter anderem mit Überlagern aus der alten Ernte gut gefüllt, weshalb weiterhin ein Exportbedarf besteht, um den Markt zu entlasten.
Regen im Mai rettet die Getreideernte
Eine mäßige Winterfeuchtigkeit, gepaart mit einem trockenen und warmen Frühjahr, hemmte die Bildung von Seitentrieben (Bestockung) der Getreidebestände, wodurch nur wenige Ähren pro m2 als Basis der Ertragsbildung zur Verfügung standen. Der nasse Monat Mai förderte die Ährenausbildung während der Phase des Längenwachstums (Schossen), wodurch eine hohe Kornzahl pro Ähre als bedeutende Ertragskomponente zur Verfügung stand. „Hätten wir diesen Mai im April gehabt, wäre es eine Katastrophe gewesen. Wir hätten nur Stroh eingefahren und kaum Körner“, veranschaulichte Windisch. Die Kornfüllung im Juni erfolgte durch die hohe Anzahl an Hitzetagen unter Stress und somit unzureichend bis mittelmäßig. Mais hingegen kann auch bei wesentlich höheren Temperaturen Trockenmasse bilden, sofern genug Feuchtigkeit vorhanden ist. Der kühle und nasse Mai wirkte vor allem auf den Aufgang von Sojabohnen und Ölkürbis negativ.
Ernteergebnisse der Hauptkulturen
Was die Ernteergebnisse der Hauptkulturen betrifft, wird die Erntemenge von Weichweizen – die Kultur mit dem höchsten Flächenanteil in Österreich – rund 1,3 Mio. t betragen und liegt somit um 14% unter dem Fünfjahres-Durchschnitt, aber um 6% über dem Vorjahr. Der durchschnittliche Flächenertrag liegt heuer bei 5,2 t/ha. Sie zeichnet sich durch eine ausgewogenere Qualitätsverteilung von Mahl-, Qualitäts- und Premiumweizen als in den Vorjahren aus. Erste Ergebnisse der Untersuchungen aus der Versuchsanstalt für Getreideverarbeitung in Wien weisen bis dato sehr gute Knet- und Backeigenschaften auf. Bundesweit wird die Qualitätsverteilung derzeit auf rund 65% Premium- und Qualitätsweizen sowie 25% Mahlweizen geschätzt. Daher bestehen weiterhin gute Chancen für die Vermarktung an die inländische Mühlenindustrie und den Export, vor allem nach Italien. Hartweizen erreicht mit durchschnittlich 4,4 t/ha mittlere Erträge, die über dem trockenen Vorjahr liegen. Die Qualitätsei genschaften für die Teigwarenherstellung sind wieder hervorragend.
Wintergerste glänzt durch gute Hektarerträge (6,3 t/ha) und eine auch flächenbedingt gesteigerte Erntemenge. Das Sommerbraugerstenangebot liegt dank wesentlich besserer Erträge (4,6 t/ha) und Qualitäten – trotz eines Flächeneinbruchs – über dem schwachen Vorjahr. Roggen – nach Weizen das zweitwichtigste Brotgetreide in Österreich – liefert auf den bisher geernteten Flächen zufriedenstellende Erträge (4,6 t/ha), wofür Züchtungsfortschritte mitverantwortlich sind (Hybridzüchtung). Die geerntete Rapsmenge liegt durch ein Wechselspiel aus Flächentief und niedriger Hektarerträge (2,6 t/ha) auf einem sehr geringen Niveau. Die Anbaubedingungen im Herbst waren oft zu trocken und zudem kamen die Mai-Niederschläge für diese bedeutende Ölsaat zu spät. Das Angebot an Körnererbsen verringert sich durch niedrige Hektarerträge (2,3 t/ha) und einen gravierenden Flächeneinbruch einer ohnehin schon kleinen Kulturfläche.
Futtergetreidepreise unter Druck, Prämien für Qualitäten steigen
Die ersten Notierungen für Futtergerste der neuen Ernte sind durch das erhöhte Angebot in Österreich und Europa um 40 bis 50 Euro/t zur alten Ernte zurückgegangen. Mais (der alten Ernte) konnte in den letzten Monaten – beeinflusst von internationalen Preissprüngen – nur leicht zulegen. Premiumweizen liegt entsprechend des reduzierten Angebots (dieser Qualität) leicht über dem Vorjahr, kann jedoch seine Prämie zu Mahlweizen von 10 Euro/t im Vorjahr auf 25 Euro/t deutlich ausbauen. Der Mahlweizenpreis ist wiederum aufgrund der Mengensteigerung dieser Qualität zum Vorjahr gesunken. Hartweizen legt um 10 Euro/t zum niedrigen Vorjahreswert zu, da das inländische und europäische Angebot verringert ist. Der Mahlroggenpreis sinkt zum Vorjahresniveau (-7 Euro/t).