Anlässlich der beginnenden Verhandlungen über die nächste Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nach 2020 hat EU-Abgeordnete Elisabeth Köstinger einige ihrer Standpunkte dazu vor Journalisten in Wien skizziert.
„Wir befinden uns in Europa in einer unheimlich schwierigen Phase, weshalb die kritische Auseinandersetzung mit der europäischen Agrarpolitik extrem wichtig ist“, sagte Köstinger mit Verweis auf Verhandlungen zu Brexit oder dem Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR). Fällt Großbritannien als wichtiger EU-Nettozahler von rund 5 Mrd. Euro im Jahr aus und sind finanzielle Umschichtungen wie etwa wegen Migrationsbewegungen nötig, rechnet Köstinger mit einem „entsprechenden Druck auf das EU-GAP-Budget“. Um die Stabilität der landwirtschaftlichen Betriebe zu erhalten, spricht sie sich klar für den Erhalt der Direktzahlungen aus.
„Die Diskussion um die Direktzahlungen wird mit Sicherheit stattfinden“, kündigte die EU-Abgeordnete an. Frankreich favorisiere in diesem Zusammenhang ein Risikoversicherungsmodell bei gleichzeitiger Reduktion der Direktzahlungen. Auch Italien habe schon ein solches System, das sich über EU-Mittel finanziere, äußerte Köstinger ihre Skepsis. „Dieses Modell ruft Spekulanten auf den Plan.“
Greening steht nicht in Relation zum Nutzen
Zur bisher vermehrt geforderten Ökologisierung der Landwirtschaft durch die GAP 2020+ geht sie davon aus, dass Greening nicht das System der Zukunft ist. „Der Aufwand für das Greening steht nicht in Relation zum Nutzen. Es wird kein Weg daran vorbeiführen, in Generationen im Einklang mit praktikabler Umsetzbarkeit zu denken“, so die Europaparlamentarierin. Das diskutierte Pflanzenschutzverbot auf ökologischen Vorrangflächen sei „extrem kurzsichtig“ bezüglich der positiven Effekte des Leguminosenanbaus. Köstinger rechnet damit, dass das Pflanzenschutzverbot in der nächsten GAP-Periode kein Thema mehr sein wird.
Ein Umdenken erwartet sie auch bei der Einführung von Obergrenzen für Direktzahlungen (Capping). „Ich glaube, dass daran kein Weg vorbeiführt“, so Köstinger. Auch wenn die Einführung des Systems im Rahmen der jüngsten GAP-Reform mit einer Grenze von 150.000 Euro lediglich 16 Betriebe in Österreich betroffen hätte.
Überdies kündigte die EU-Politikerin an, dass das Europaparlament im Bereich Marktinstrumente seine Stimme erheben sowie gegen unfaire Handelsbeziehungen beziehungsweise Ungleichgewichte in den Bereichen Wettbewerbs- und Kartellrecht eintreten wird. Auch im Risikomanagement soll es mit der GAP 2020+ flexiblere Instrumente, die „rasch greifen“, geben.
Öffentliche Befragung noch bis 2. Mai
Bis 2. Mai 2017 haben Landwirte, Bürger, Organisationen und Interessierte noch die Möglichkeit, an der öffentlichen Befragung zur GAP 2020+ teilzunehmen und ihre Vorschläge und Anliegen dazu unter https://ec.europa.eu/agriculture/consultations/cap-modernising/2017_de einzubringen. Laut Köstinger seien bisher an die 28.000 Beiträge eingegangen. Anschließend sollen im Juni oder Juli die Ergebnisse auf einer GAP-Konferenz in Brüssel präsentiert werden. Für Herbst 2017 wird dazu eine Mitteilung der EU-Kommission erwartet, die gleichzeitig mit einer Analyse der derzeitigen GAP-Umsetzung einhergehen soll. Auch eine Überprüfung der Kriseninstrumentarien – wie sie bei Milch und Schweinefleisch zur Anwendung gekommen sind – habe die Brüsseler Behörde angekündigt. 2018 soll dann eine Gesetzesinitiative für die GAP 2020+ durch die EU-Kommission folgen.