Woher kommt der Apfel im Apfelsaft? Store-Check der Landwirtschaftskammer deckt auf: Bei fast zwei Drittel der Apfelsäfte im Handel wird den Verbrauchern die Herkunft der Äpfel verschwiegen. Trotzdem wehen auf den Verpackungen teils rot-weiß-rote Fahnen. Schutzverband gegen unlauteren Wettbewerb wird angerufen. Kammer fordert verpflichtende Herkunftskennzeichnung von Äpfeln in Apfelsäften.
In fast zwei Drittel der untersuchten Apfelsäfte wird Herkunft der Äpfel verschwiegen. „Bei der Herkunft der Äpfel in Apfelsäften tappen die Konsumenten häufig im Dunkeln. Wer glaubt, im Apfelland Steiermark sind im Großteil der angebotenen Apfelsäfte auch heimische Äpfel drinnen, der irrt“, sagt Werner Brugner, Direktor der Landwirtschaftskammer Steiermark. Bei fast zwei Drittel (60 Prozent) der auf die Apfelherkunft getesteten Säfte verschweigen die Hersteller das Herkunftsland der Äpfel. Aus gutem Grund: Es werden mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit kaum heimische Äpfel verwendet. Durchgeführt wurde der Apfelsaft-Test von Ende Februar bis Ende Juli 2019. Bei 33 Testeinkäufen wurden insgesamt 168 Apfelsaft-Proben gezogen und dann auf die Herkunft der Rohwaren untersucht. Die Herkunftsüberprüfung wurde in drei Preis-Kategorien, 0,78 bis 1 Euro, 1,01 Euro bis 2 Euro und mehr als 2 Euro vorgenommen.
Konsumenten vor Täuschung schützen: Apfelsaft mit wehenden Österreichfahnen. Auf einem guten Sechstel (17 Prozent) der untersuchten Apfelsäfte (29 der 168 Produkte) wehen Österreichfähnchen mit der verlockenden Zusatz-Angabe „hergestellt in Österreich“ oder „abgefüllt in Österreich“, obwohl im Kleingedruckten das tatsächliche Herkunftsland der Rohware nicht angegeben oder nachvollziehbar ist. „Wir wollen die Konsumenten vor Irreführung und Enttäuschung schützen“, sagt Brugner und betont: „Diese Verbraucher-Täuschung ist abzustellen, wir werden diese Erkenntnisse dem Schutzverband gegen unlauteren Wettbewerb zur weiteren Bearbeitung übergeben.“
Löwenanteil der Säfte wird aus eingedicktem Konzentrat internationaler Herkunft hergestellt. Lichtblick: Österreichische Herkunft bei Direktsäften. Besonders krass und fast deckungsgleich ist das ernüchternde Ergebnis in den beiden Preissegmenten zwischen 0,78 und 2 Euro pro Liter Apfelsaft. In diese beiden Kategorien fällt der Löwenanteil, konkret 131 der 168 untersuchten Säfte. 60 Prozent dieser Säfte (79 Proben) werden aus einem Apfelsaft-Konzentrat hergestellt: Dabei wird der gepresste Apfelsaft unter hohem Energieaufwand eingedickt. Diese süß-säuerliche Masse muss dann mit Wasser wieder rückverdünnt werden. Es ist davon auszugehen, dass solche Apfelsaftkonzentrate von internationalen Herstellern stammen. So ist China der weltweit größte Apfelsaftkonzentrat-Produzent, in Europa ist es Polen. „Selbst, wenn ein Österreichfähnchen auf einer aus Saftkonzentrat hergestellten Verpackung weht, ist meist Ausland drinnen“, sagt Brugner. Klarheit bekommen die Konsumenten zumindest darüber, dass der jeweilige Apfelsaft aus Konzentrat hergestellt wird. Solche Säfte müssen verpflichtend mit der Angabe „aus Apfelsaftkonzentrat“ gekennzeichnet sein.
Der große Lichtblick: Von fast allen Säften (34 von 37 oder 92 Prozent) in der Preiskategorie über zwei Euro stammten die Äpfel aus Österreich, die Herkunft wurde klar deklariert, alle Säfte dieser Kategorie waren Direktsäfte.
Brugner: Herkunft der Äpfel in Apfelsäften verpflichtend kennzeichnen – Deklarationsvorbild Bio. Bei der Kennzeichnung von Apfelsäften ist der Biobereich beispielgebend. Bei Bioapfelsäften besteht Deklarationspflicht, ob die Äpfel aus Österreich, aus der EU oder aus Drittstaaten (Nicht-EU) stammen. „Unser Herkunftstest zeigt, dass dies bei den Bioapfelsäften gelebte Praxis ist. Weil die Kennzeichnung bei Bioapfelsäften vorbildlich funktioniert, ist sie auch auch auf konventionelle Apfelsäfte gut übertragbar“, verlangt Brugner. Derzeit ist die Angabe des Herkunftslandes von Äpfeln für die Saftherstellung freiwillig und nicht gesetzlich gebunden.
Untersucht wurden auch 25 Biosäfte, wovon bei 16 Säften die verwendeten Äpfel österreichischer Herkunft waren, bei 9 Säften kamen die Äpfel aus der EU. Alle Biosäfte waren korrekt deklariert.
Bauern brauchen bessere Saftapfelpreise. Auswirkung auf Apfelsaftpreis minimal. „Die Industrie zahlte den Bauern im Schnitt der vergangenen zehn Jahre für ihre Saftäpfel nicht einmal die Produktionskosten“, rechnet Herbert Muster, Geschäftsführer der Erwerbsobstbauern vor und verlangt: „Die Bauern brauchen bessere und vor allem kostendeckende Saftapfelpreise.“ Höhere Saftapfelpreise wirken sich auf den Apfelsaft-Endverbraucherpreis nur marginal aus, zeigt die Berechnung der Landwirtschaftskammer. Muster bringt ein Beispiel: „15 Cent mehr für einen Kilo Saftapfel erhöht den Apfelsaftpreis pro Liter nur um 20 Cent.“ Eigentlich ein kleiner Wert für eine große Wirkung: „Wegen der katastrophalen Saftapfelpreise der vergangenen Jahre werden viele landschaftsprägende Streuobstwiesen nicht mehr gepflegt, sie verwildern oder verschwinden. Faire Saftapfelpreise sowie eine steigende Nachfrage nach heimischem Apfelsaft kann diese unerfreuliche Entwicklung stoppen und eine Trendumkehr bewirken.“
Hintergrund/Definitionen:
Direktsaft. Ist der reine, abgefüllte Apfelsaft, der durch Erhitzen haltbar gemacht ist.
Apfelsaftkonzentrat. Bei der Herstellung von „Apfelsaftkonzentrat“ wird der frisch gepresste Apfelsaft unter hohem Energieaufwand durch Abdampfen von Wasser eingedickt, zurück bleibt eine klebrige, süß-säuerliche Masse. Wird dieses Konzentrat wieder rückverdünnt und abgefüllt, muss die Angabe „aus Konzentrat hergestellt“ angegeben werden.
Apfelsaft. Ist ein 100-prozentig reiner Fruchtsaft aus Äpfeln, der über ein entsprechendes Verfahren haltbar gemacht wird. Konservierungs- und Farbstoffe sowie Zucker und Aromen dürfen nicht zugesetzt werden.
Apfelgetränk. Ein Apfelgetränk muss nur 30 Prozent Apfelsaft enthalten. Es dürfen Wasser, Zucker und Aromastoffe zugesetzt werden. Der verwendete Apfelsaft kann aus Konzentrat oder Direktsaft stammen.
Foto: LK Musch