Wojciechowski: Werden Lage auch weiterhin genau beobachten
Die EU-Kommission hat ein umfassendes Paket an Sondermaßnahmen für die am stärksten von der Corona-Krise betroffenen Sektoren der Agrar- und Ernährungswirtschaft im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Zu diesen Maßnahmen gehören die am 22. April angekündigte Beihilfe für die private Lagerhaltung im Milch- und Fleischsektor, weiters die befristete Genehmigung selbstorganisierter Maßnahmen der Marktteilnehmer in schwer getroffenen Sektoren sowie die Flexibilität bei Marktstützungsprogrammen. Außerdem können die EU-Mitgliedstaaten betroffene Landwirte in bestimmtem Umfang entschädigen. Dazu können Länder, denen noch Mittel aus den Fonds für die Entwicklung des ländlichen Raums zur Verfügung stehen, dieses Geld einsetzen.
“Wir haben rasch gehandelt, damit den Landwirten und anderen Betroffenen schnellstmöglich alle erforderlichen Maßnahmen zur Verfügung stehen. Einige Märkte für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel wurden durch die Krise hart getroffen. Ich bin jedoch zuversichtlich, dass die verabschiedeten Maßnahmen eine spürbare Unterstützung bringen, das richtige Signal an die Märkte senden und bald eine gewisse Stabilität herbeiführen”, erklärte EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski. Dieses Paket zeige ebenso wie die vorhergehenden Unterstützungsmaßnahmen, dass die Kommission bereit sei und angemessen auf die Situation reagiere. Wir werden die Lage auch weiterhin in engem Kontakt mit den Interessenträgern, dem EU-Parlament und den Mitgliedstaaten genau beobachten”, so der Kommissar.
Beihilfen für die Private Lagerhaltung
Die EU-Kommission wird Beihilfen für die Private Lagerhaltung von Milcherzeugnissen (Magermilchpulver, Butter, Käse) und Fleisch (Rind-, Schaf- und Ziegenfleisch) gewähren. Durch diese Maßnahme können Erzeugnisse für einen Zeitraum von mindestens zwei bis drei Monaten und höchstens fünf bis sechs Monaten vorübergehend vom Markt genommen werden. Anträge auf entsprechende Beihilfen können ab dem 7. Mai 2020 gestellt werden. Mit dieser Maßnahme soll der Markt durch eine vorübergehende Verringerung des Angebots stabilisiert werden.
Im Rahmen der PLH für Magermilchpulver gewährt die EU eine Fixkostenpauschale von 5,11 Euro/t und einen Tagessatz von 0,13 Euro/t. Der mögliche Einlagerungszeitraum liegt zwischen 90 und 180 Tagen. Bei der PLH Butter liegt der Fixkostensatz bei 9,83 Euro/t und der Tagessatz bei 0,43 Euro/t. Getrennte Hinterviertel von mindestens acht Monate alten Rindern dürfen ebenfalls mit Zuschüssen aus dem EU-Haushalt eingelagert werden. Für die 90-tägige Lagerung gibt es 1.008 Euro/t, für 120 Tage 1.033 Euro/t und für 150 Tage 1.058 Euro/t.
Flexibilität bei Marktstützungsprogrammen
Die Kommission wird eine gewisse Flexibilität bei der Durchführung von Marktstützungsprogrammen für Wein‚ Obst und Gemüse, Olivenöl und Bienenzucht sowie des EU-Schulprogramms (Milch, Obst und Gemüse) zulassen. Ziel dieser Flexibilität ist es, das verfügbare Angebot in den einzelnen Sektoren zu begrenzen und so das Gleichgewicht auf diesen Märkten wiederherzustellen. Außerdem kann dadurch der Schwerpunkt der Finanzierung auf das Krisenmanagement gelegt werden.
Befristete Abweichung von den EU-Wettbewerbsregeln
Die Kommission gestattet es, in den Sektoren Milch, Blumen und Kartoffeln von bestimmten EU-Wettbewerbsregeln gemäß Artikel 222 der Verordnung über die Gemeinsame Marktorganisation abzuweichen. Dadurch können Marktteilnehmer für einen Zeitraum von höchstens sechs Monaten auf ihrer Ebene Marktmaßnahmen selbst planen und durchführen. So wird beispielsweise im Milchsektor eine kollektive Planung der Milcherzeugung gestattet, während im Blumen- und im Kartoffelsektor Marktrücknahmen vorgenommen werden dürfen. Auch die Lagerhaltung durch private Marktteilnehmer wird erlaubt. Die Entwicklung der Verbraucherpreise wird genau beobachtet, um nachteilige Auswirkungen zu vermeiden.
Mögliche Entschädigungszahlungen für Landwirte und kleine Unternehmen
Mitgliedstaaten, denen noch Mittel für die Entwicklung des ländlichen Raums zur Verfügung stehen, können dieses Geld einsetzen, um im Jahr 2020 Landwirte und kleine Unternehmen der Agrar- und Ernährungswirtschaft zu unterstützen. Dadurch dürfte den am stärksten von der Krise betroffenen Betrieben unmittelbar geholfen werden. Die Mitgliedstaaten können Landwirte mit bis zu 5.000 Euro und kleine Unternehmen mit bis zu 50.000 Euro unterstützen, und zwar zusätzlich zu den De-minimis-Beihilfen für den Agrarsektor und dem zuvor bereits angenommenen höheren Beihilfehöchstsatz.
Diese Maßnahmen folgen auf ein umfassendes Maßnahmenpaket, das die Kommission bereits zu einem früheren Zeitpunkt verabschiedet hat. Durch dieses erste Paket wird die Agrar- und Ernährungswirtschaft mit höheren Beträgen für staatliche Beihilfen, höheren Vorschusszahlungen und verlängerten Fristen für die Einreichung von Zahlungsanträgen unterstützt. Die größere Flexibilität bei der Umsetzung der Vorschriften der Gemeinsamen Agrarpolitik soll den Verwaltungsaufwand für Landwirte und nationale Behörden verringern.