Nach reibungslosem ÖVP-Führungswechsel gilt es jetzt Reformpolitik voranzutreiben.
Der Österreichische Bauernbund startet in den politischen Herbst. Anders als sonst findet der traditionelle Herbstauftakt heuer allerdings nicht in Oberösterreich, sondern – entkoppelt von der landwirtschaftlichen Fachmesse Agraria – in Wien statt. Größte Sorge bereitet der Agrarspitze das aktuelle Russland-Embargo für Lebensmittel und Agrarerzeugnisse. Bauernbund-Präsident Jakob Auer, Landwirtschafts- und Umweltminister Andrä Rupprechter und der Präsident der LK Österreich Hermann Schultes betonen unisono, dass es zur Härtemilderung für betroffene Landwirte eine europäische Antwort brauche.
Doch eine konsumpatriotische Einladung richten die heimischen Agrarpolitiker auch an die österreichischen Verbraucher: „10% mehr heimischer Konsum schafft 10.000 neue Arbeitsplätze in Österreich. Jeder Griff zu einem österreichischen Produkt kommt einem Produktionsauftrag für die heimische Wirtschaft gleich, das sichert Wertschöpfung und Arbeitsplätze“, erinnert Auer an die Bauernbund-Initiative „Heimisch kaufen – Österreichische Arbeitsplätze sichern.“
ÖVP gelingt fehlerfreie Stafettenübergabe – Position zu „Eigentum“ ist unverrückbar
Turbulente Tage hat aber auch die Volkspartei hinter sich. Auer zum Führungswechsel an der ÖVP-Parteispitze: „Mit der prompten Unterstützung für Reinhold Mitterlehner seitens des Bauernbundes wollten wir innerhalb der Regierung rasch wieder Handlungsfähigkeit herstellen. Damit ist ein fehlerfreier, professioneller Übergang geglückt. Inhaltlich stehen für die ÖVP mehr denn je langfristige, aber machbare Reformprojekte im Fokus.“
Die klare Positionierung der neuen Parteispitze zum Thema Eigentum wird uneingeschränkt positiv bewertet: „Die ÖVP steht konsequent und unverrückbar für Eigentum.“ Auer begrüßt ausdrücklich, dass Vizekanzler Mitterlehner wie auch Finanzminister Schelling den Wirtschaftsstandort im Fokus haben und Steuererleichterungen zunächst erwirtschaften wollen. Auer erwartet sich „eine faire Diskussion und ausgewogene Bewertung der Fakten.
Zur Grundsteuer-Debatte meint der Bauernbund-Präsident: Eine Lohnsteuersenkung mit der Grundsteuer gegenzufinanzieren, hieße nichts anderes als die Grundsteuer zu verfünffachen. Dass dies schlagartig zu einer Kostenexplosion bei den Mieten führen würde, sollte genauso offen thematisiert werden, wie die Tatsache, dass es – erstens – eine Mittelstandssteuer wäre, die – zweitens – den Gemeinden und nicht dem Bund zugutekommt“, wünscht sich Bauernbund-Präsident Jakob Auer „einen politischen Maßnahmenkanon, der Wirtschaft und Wachstum anreizt, statt populistischer Baby-Steuern, die unsere Enkel beschweren.“
Inlandskonsum und Exportoffensive als Antwort auf Russland-Embargo
“Die drohende Eskalation des Russland-Ukraine-Konflikts bereitet uns allen große Sorgen. Es sind Auswirkungen auf die gesamte österreichische Wirtschaft zu erwarten. Zur Abfederung der Folgen brauchen wir eine solidarische europäische Antwort”, sagt Landwirtschafts- und Umweltminister Andrä Rupprechter beim heutigen Herbstauftakt. Er setzt vor allem auf die Ankurbelung des Inlandskonsums und die Suche nach neuen Märkten, etwa Asien und Nordafrika, um die Exportausfälle zu kompensieren.
Nachdem er sich bereits im August für eine Task Force eingesetzt hat, drängt Rupprechter auf europäischer Ebene weiterhin auf rasche Hilfsmaßnahmen für die betroffenen Sektoren. Bei der von ihm geforderten Sondersitzung der Agrarminister am Freitag in Brüssel werden konkrete Maßnahmen beraten.
Zusätzlich zu den Maßnahmen auf EU-Ebene hat Minister Rupprechter zum nationalen Schulterschluss aufgerufen. Diese Initiative stieß bereits auf große Resonanz: Zahlreiche Handelsunternehmen und Gastrobetriebe haben in den letzten Wochen entsprechende Aktionen, vor allem für Äpfel, gestartet und setzen verstärkt auf die Vorzüge regionaler Produkte wie hohe Qualität und kurze, für die CO2-Bilanz positive Transportwege.
Schultes will Lagerbestände räumen und neue Exportmärkte erschließen
Hermann Schultes möchte nicht „dass Putin die österreichischen Bauern einspannt, damit sie mithelfen, seine Ziele zu verfolgen. Offensichtlich will er uns mit seinem Importverbot treffen, damit wir in der EU Druck für ihn ausüben. Daher muss es Teil der EU-Politik sein, nicht nur Druck auf Russland auszuüben, sondern gleichzeitig für eine Entlastung der besonders betroffenen Sektoren und damit auch der Landwirtschaft zu sorgen.“ Schultes weiter: „Natürlich treffen die russischen Importverbote Bauern und Verarbeiter kurzfristig hart, doch durch solidarische Anstrengungen auf europäischer und nationaler Ebene können wir Schäden vorbeugen und neue Märkte entwickeln. Nun gilt es, rasch Übermengen aus den Märkten zu entfernen, sie einzulagern oder für humanitäre Hilfsaktionen zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig brauchen wir eine neue Offensive auf Märkten außerhalb der EU. Unsere Qualität ist unsere Kraft. Darüber hinaus benötigen unsere Exporteure die volle Unterstützung auf Verwaltungsebene. Die Sanktionswirkungen verursachen wirtschaftliche Schäden in ganz Europa. Wir erwarten, dass diese Schäden nicht als Sonderlast der Landwirtschaft aufgebürdet werden, sondern von allen solidarisch finanziert werden. Nur so werden die Sanktionen als politische Gegenmaßnahmen auch durchgehalten werden können. Schließlich wird die bäuerliche Interessenvertretung ganz genau darauf achten, dass Handel und Verarbeitung den Bauern für ihre Qualitätsprodukte auch angemessene Preise bezahlen“, so Hermann Schultes abschließend.